Spiegelschleif - Workshop
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Ermittlung der Pfeiltiefe (Brennweite)

Ein Parabolspiegel mit der Brennweite f ist ein Hohlspiegel (Konkavspiegel) mit dem Krümmungsradius (Radius Of Curvature) ROC=2*f. Zunächst muss man wissen, wie viel Glas in der Mitte des Rohlings abgeschliffen werden muss, um die erforderliche Krümmung und damit die gewünschte Brennweite zu erreichen. Mit ROC= Krümmungsradius und D= Spiegeldurchmesser ist die Pfeiltiefe t (Vertiefung in der Mitte) :
t = ROC - wurzel (ROC²-1/4*D²) bei einer Sphäre
t = (D/2)² / (2*ROC) bei einer Parabel
Beide Formeln können zur Berechnung der erforderlichen Vertiefung in der Mitte verwendet werden. Der Unterschied ist so gering, dass er nur später beim Parabolisieren eine Rolle spielt

Beispiel: Ein Spiegel mit dem optisch wirksamen Durchmesser (ohne Fase) von D= 200 mm und dem Öffnungsverhältnis von 1:6 hat eine Brennweite f= 200 * 6 = 1.200 mm. Der Krümmungsradius ist damit ROC= 2*f= 2.400 mm. Damit beträgt die Pfeiltiefe t= (200/2)²/ (2*2.400) mm = 2,08 mm. Um im Verlauf des Grobschliffs die Entwicklung der Kurve zu beobachten und die gewünschte Krümmung zu bekommen, bieten sich folgende Messmethoden an:

4zoll_doerte_2.jpg (22873 Byte) Nach der ersten Stunde des Grobschliffs wird man erst einfach eine Schiene (Lineal) über den Rohling halten und die Vertiefung einfach "frei Auge" abschätzen
bohrer.jpg (23182 Byte)

Mit dem Bohrer:
Ein Lineal über die Mitte des Spiegels legen und probieren, welche Bohrerdurchmesser in die Vertiefung zwischen Glas und Lineal passen. Geht z.B. der 1 mm Bohrer noch durch, der 1,5 mm aber noch nicht, so liegt die Pfeiltiefe irgendwo dazwischen. Statt Bohrer kann man natürlich auch andere Gegenstände bekannter Dicke nehmen.

messchieber.jpg (35156 Byte)

Mit dem Messschschieber (Schieblehre):
Mit dem Messschieber kann man die Vertiefung schon auf ca. 1/10 mm genau ausmessen.

blumenspritze.jpg (39473 Byte)

lampentest.jpg (49245 Byte)
Mit der Glühlampen Reflexmethode;

Das ist so zusagen ein grober Foucault Test, um den Krümmungsradius des Spiegels direkt zu ermitteln. Da der Spiegel im Grobschliff -oder Feinschliff Stadium noch nicht reflektiert, muss man ihn mit Wasser benetzen.

Hierzu den Spiegel hochkant auf einen Ständer stellen und ordentlich mit Wasser nass spritzen. Ich mache es mit einer Blumenspritze. Sofort danach (bevor das Wasser wieder abgelaufen ist) mit der Lampe am Auge (siehe Bild) sich ca. einen Meter hinter den Spiegel stellen oder legen und versuchen den Reflex der Lampe auf der Mitte des Spiegels mit dem Auge aufzufangen.

Bewegt man nun die Lampe nach oben, bewegt sich der Reflex im Spiegel auch nach oben. Das ist ein Zeichen dafür, dass man sich mit Auge und Lampe noch innerhalb des Krümmungsmittelpunktes befindet. Nun entfernt man sich langsam immer mehr vom Spiegel und versucht dabei den Reflex im Auge zu behalten. Dieser wird immer größer, bis er schließlich den gesamten Spiegel einnimmt. Entfernt man sich noch weiter weg, so bewegt sich der Reflex gegenläufig: Bewegt man die Lampe nach oben, so geht der Reflex nach unten. Das Bedeutet, dass man sich mit dem Auge bereits außerhalb des Krümmungsradius befindet.

Durch hin und her probieren kann man die Stelle finden, wo der Reflex schlagartig ohne Vorzugsrichtung rein und rausläuft. Man befindet sich nun mit dem Auge genau im Krümmungsmittelpunkt, die Entfernung Spiegel - Auge ist der Krümmungsradius R. Die Brennweite f (also die Entfernung wo Strahlen aus dem Unendlichen wie z.B. Sterne fokussieren) ist genau die Hälfte davon: f=R/2.

Beim Grobschliff sollte einem die Bestimmung des Radius auf ca. +- 10 cm genau gelingen. Nach dem Karbo 180 kann man es schon auf +- 2 cm bestimmen. Damit ist dieser Test genauer, als der mit dem Messschieber.

Tipps zum Lampentest:
-
Den Spiegel immer wieder ordentlich nass machen und schnell wieder in Messposition gehen. Wenn er zu schnell wieder eintrocknet, etwas Spülmittel dazugeben. Wenn das auch nicht fruchtet, den Spiegel ganz dünn mit Speiseöl einreiben (griechisches Olivenöl liefert beste Ergebnisse ). Weitere Alternative: Auf den Spiegel glattes PP-Paketklebeband aufkleben. 2 bis 4 einzelne Klebestreifen reichen vollkommen aus, es muss nicht die gesamte Oberfläche beklebt werden.

- Eine möglichst kleine helle ungerichtet abstrahlende Lichtquelle verwenden. Keine Taschenlampe mit Reflektor !!! Diese haben einen zu sehr gerichteten Strahl und verfälschen die Messung. Eine kleine Fahrradglühbirne, Halogenbirne (ohne Reflektor) oder helle LED wie z.B. am Smartphone funktioniert prima.

Bei Schwierigkeiten mit dem "einfangen" des Reflexes mit dem Auge, kann man den Lampenreflex auch auf eine helle Fläche projizieren (siehe Einzelheiten im Beitrag von Dietmar L im Astrotreff)

Diskrepanzen zwischen Lampentest und direkter Messung der Pfeiltiefe können sich ergeben, wenn der Spiegel im Laufe des Grobschliffs noch nicht annähernd sphärisch ist, oder wenn noch ein unbearbeiteter flacher Rand vorhanden ist. In letzterem Fall muss man in die Radiusformel den Nettodurchmesser eingeben (Spiegeldurchmesser abzüglich unbearbeiteten Rand). Siehe mein Beispiel im Astrotreff, mehr...

messen_2.jpg (204967 Byte) An der Sonne:
Statt der künstlichen Lichtquelle kann man natürlich auch die Sonne hernehmen. Wieder den Spiegel ordentlich nass machen und versuchen mit einem Blatt Papier den Sonnenreflex zu fokussieren. Der Abstand Spiegel zu Reflex ist hier genau die Brennweite (und nicht der Krümmungsradius!), da die Sonne ja im unendlichen steht.

Michael Wendl findet allerdings, dass man damals schönere Spiegel angefertigt hat und auch die Pfeiltiefe anders gemessen wurde. Da kam richtig Aktion ins Spiegelherstellen. Danke Michael für die historische Aufklärung

Matthias Rückemann hat weitere Beweise für die enorm entwickelte Spiegelschleifkunst in der Antike recherchiert - köstlich!

Frohes Messen

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